Zusammengefasst von Inge Wieser
Seine Eltern waren bäuerlichen Ursprungs. Doch aus Geldnöten (Grund: eine Bürgschaft) war der Vater Martin Gapp gezwungen, mit seiner Familie vom Umlberg, Gemeinde Terfens, nach Wattens zu ziehen, um hier in der Fabrik Arbeit anzunehmen. Jakob wurde am 26. Juli 1897 als siebtes Kind der Familie Gapp in Wattens geboren. Die Familie lebte in äußerst ärmlichen Verhältnissen, und so beeindruckte ihn der soziale Einsatz des Wattener Pfarrers Alois Gfall, sodass Jakob als Kind mit dem Gedanken spielte, einmal ein solcher Priester zu werden.
Dieser Wunsch wurde mit den Jahren überdeckt. Nach dem Besuch der Volksschule in Wattens trat Jakob mit 13 Jahren in das Gymnasium der Franziskaner in Hall ein. Später wurde er von einem Mitschüler als ehrlich, unbeugsam und ohne Verstellung charakterisiert. Da Jakob nicht in den Orden eintreten wollte, wohnte er mit 16 Jahren nicht mehr im Internat, sondern privat.
Kaum 18 Jahre alt und das Gymnasium noch nicht ganz abgeschlossen, trat er 1915 in den Kriegsdienst ein. Nach einem Jahr wurde er als Soldat an der Südfront verwundet und geriet 1918 in italienische Gefangenschaft. Neun Monate später kehrte er heim und fand hier alles verändert vor. Jakob erfuhr, dass sein Vater gestorben war, und die Armut der Familie war nun besonders groß. Sein Vaterland, für das er gekämpft hatte, war zerrissen. Er wollte studieren, die Matura hatte er schon nachgeholt, aber er hatte kein Geld.
So riet ihm ein Bekannter zu den Marianisten zu gehen, die eine Ausbildungsmöglichkeit für junge Männer anboten. Der Pfarrer von Wattens Alois Gfall, der Jakob sehr gut kannte, stellte ihm 1920 ein „Sittenzeugnis“ aus, das der Aufnahme in den Orden nichts in den Weg legte. Im Vorbereitungsjahr auf das Ordensleben ging in Jakob Gapp eine Wandlung seiner Gesinnung vor sich und er fand Gott im wahrsten Sinne des Wortes. Er selbst schrieb 1924: „Guter Wille beseelte mich und öffnete mein Herz weit; das Samenkorn, welches der Prediger hineingelegt hatte, begann zu keimen. Andere Ideale, andere Anschauungen verdrängten die alten“. In ihm wuchs der Wunsch, die Ordensgelübde abzulegen und auch Priester zu werden. Seite 1 von 5 Nach diesem Jahr wurde Jakob Gapp nach Graz in das Marieninstitut geschickt, wo er vier Jahre als Erzieher tätig war und sich seinem Studium widmete. Am 27. August 1925 legte er in Frankreich die ewigen Gelübde ab. Im Alter von nun 28 Jahren trat Pater Jakob Gapp in das internationale Priesterseminar der Marianisten in Freiburg in der Schweiz ein. Dort orientierte er sich wirklich am Ideal der Regeln des Ordens, litt aber unter der Lauheit, die er bei Mitbrüdern manchmal verspürte. Sein impulsiver Charakter wurde von seinen Vorgesetzten immer wieder kritisiert, doch wurde ihm auch sein stetes Bemühen, an sich zu, sehr hoch angerechnet. Er ließ sich nicht in eine vorgegebene Form pressen, sondern studierte mit Offenheit, Weitblick und Kritik.
Am 5. April 1930 erhielt Pater Jakob Gapp die Priesterweihe und feierte am 20. Juli Primiz in seinem Heimatort Wattens. Nun trat er in Freistadt seinen Dienst als Präfekt der „großen“ Gymnasiasten an und unterrichtete auch an dieser Schule. Sein Verhältnis zu den Schülern war trotz seiner autoritären Persönlichkeit recht freundschaftlich. Nach Missverständnissen und Spannungen mit dem Direktor der Anstalt wurde Pater Jakob Gapp 1931 als Katechet und Kaplan nach Lanzenkirchen versetzt, doch auch hier nahm man Anstoß an seiner Offenheit. Bei Superior Jung suchte der Geistliche immer wieder, wenn er mit Unverständnis kämpfte, ein klärendes Gespräch. In einer Zeit der Turbulenzen im österreichischen Staat, in der viele ums Überleben kämpften, da die Kassen des Staates leer waren, wirkte Pater Jakob Gapp von 1935 bis 1938 in Graz als Religionsprofessor und Spiritual. Auch hier war seine Arbeit von Vertrauen zu den Schülern und Mitbrüdern getragen. Ob in der Schule oder als geistlicher Beistand erfüllte er seine Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Sein lebensnaher Religionsunterricht, die interessanten Predigten, in die er auch politische Tagesthemen einfließen ließ, und sein Bemühen um die besonders festliche Gestaltung der Hochfeste Mariens blieben vielen unvergesslich. Für seine Mitbrüder war er ein überzeugter und frommer Priester, dem es immer wieder gelang, in den geistlichen Konferenzen auf den ursprünglichen Geist des Ordens zu verweisen und sie der Lehre der Kirche nahezubringen. Ein besonderer Charakterzug des Dieners Gottes war sein soziales Engagement. Wichtig war ihm, dass kirchliche Soziallehre kein leeres Wort war, sondern dass Schüler und Mitbrüder bewusst Menschen halfen, die in Not waren. Natürlich blieb es nicht aus, dass er wegen seiner „extremen“ sozialen Aktivitäten und seiner Geradlinigkeit vor allem von der Obrigkeit auch angefeindet wurde.
Pater Jakob Gapp, der nicht mit Scheuklappen durch die Welt ging, informierte sich durch eifriges Studium über die Ideologie des Nationalsozialismus und kam zur Überzeugung, dass Nationalsozialismus und katholischer Glaube unvereinbar sind. Die Tage nach dem Einmarsch der deutschen Truppen erlebte er, der Idealist, besonders schmerzlich. Es war ihm Seite 2 von 5 unverständlich, dass sich Menschen (auch seine Schützlinge) derart manipulieren ließen, und von der Kompromissbereitschaft seiner Mitbrüder war er enttäuscht. Außerdem musste er noch den Vorwurf einstecken, mit seiner Starrköpfigkeit unklug zu handeln. In dieser Situation wurde Pater Jakob Gapp von Graz abberufen und aus Unsicherheit und Naivität dem neuen Regime gegenüber auf Heimaturlaub geschickt, um sich zu beruhigen und die wirklichen Verhältnisse dieser Welt zu erkennen, wie sich der Provinzial der Marianisten Ehrmann ausdrückte. Nun verbrachte Gapp einige Wochen in Tirol am Umlberg in Terfens, dem Heimatort seiner Mutter, und fühlte sich als Seelsorger unter Gleichgesinnten sehr wohl. Keines der Kinder dort war nämlich der Hitlerjugend beigetreten wie es in den Städten gleich üblich wurde. Er litt aber an der Unsicherheit seiner Lage. Briefe an Superior Franz Josef Jung machen deutlich, dass er klare Verhältnisse schaffen wollte – Seelsorge in der Heimat oder Rückkehr in den Orden. Nach diesem Briefwechsel erhielt er ab 1. September 1938 den Kooperatorposten in Breitenwang – Reutte. In einem weiteren Brief an Jung ist deutlich erkennbar, dass Pater Jakob Gapp die Situation der katholischen Kirche im Nationalsozialismus sehr gut einschätzte. Trotzdem unterrichtete er nach seinen Gewissensgrundsätzen. Dies wurde ihm auch hier zum Verhängnis. Seine Erklärung, dass man alle Menschen, gleich welcher Nationalität, Rasse oder Religion lieben müsse, weil es Menschen sind, und dass Adolf Hitler nicht Gott sei, war für das Regime Grund genug, um ihm den Religionsunterricht zu untersagen und ihn nicht mehr aus den Augen zu verlieren. Er kam nach Wattens und blieb in Briefkontakt mit Superior Jung, der die Lage richtig einschätzte und sich bemühte, Pater Jakob Gapp zu seinem Schutz so schnell wie möglich nach Bordeaux in Frankreich, in die Gründungsstätte der Gesellschaft Mariä zu schicken. Doch in seiner Heimatgemeinde Wattens kommt es am dritten Adventsonntag 1938 zu seiner folgenschweren Predigt über weltanschauliche Fragen, gegen deren Wortlaut sich Gapp bei seiner späteren Vernehmung in Berlin am 25. Jänner 1943 zu verantworten hatte.
Pater Jakob Gapp nahm die Besorgnisse seiner Priesterkollegen aus Wattens ernst und zog sich vorerst zu einem Verwandten in Lienz und dann auf den Umlberg zurück. Am 5. Jänner 1939 feierte in der dortigen Roanerkapelle seine letzte heilige Messe, wo er Folgendes in das Zelebrationsbuch eintrug: „Für Christus zu leiden ist eine Ehre! Möge uns Gott immer in dieser Gesinnung erhalten und seinen heiligen Geist senden, wie er ihn den ersten Christen sandte.“ Über Lanzenkirchen erhielt Pater Gapp schließlich einen Pass, der ihm die Ausreise nach Frankreich ermöglichte. Hier, wo er mit neuer Hoffnung seelsorglich tätig sein wollte, bekam er gleich zu spüren, wie ihm seine „deutsch“-österreichische Nationalität angelastet und er zum Nichtstun verurteilt wurde. Diese Situation war für ihn unerträglich, und er bat Superior Jung noch einmal um seine Hilfe. Als Pater Jakob Gapp in der Magdalenenkirche in Bordeaux am Ostersonntag von der Bedrängnis Seite 3 von 5 der Katholiken durch den Nationalsozialismus sprach, ahnte er nicht, dass er von einem Agenten der GESTAPO beschattet wurde: Er erhielt von seinem Ordensoberen und dem deutschen Konsulat die Erlaubnis, nach Spanien zu gehen und verließ somit am 23. Mai 1939 Frankreich. Doch gerade in Spanien verstanden die dortigen Marianisten seine ablehnende Haltung gegen Hitler nicht, da ihr Land doch seine Hilfe erfahren hatte, und er die Kirche regelrecht beschenkte. Heimweh machte sich breit. In Exerzitien wollte der Diener Gottes wieder zu sich selbst finden und sich dem Willen Gottes fügen. Er arbeitete schließlich als Lehrer in San Sebastian. Nach einer Beurlaubung von der Gesellschaft Mariä für ein Jahr, das er auch in Spanien verbrachte, kehrte Pater Jakob Gapp nach San Sebastian zurück und wurde für das neue Schuljahr nach Valencia als Lehrer zugeteilt. Das miserable soziale Umfeld bedrückte ihn schwer. In seinem letzten Brief aus Spanien an seinen Bruder Josef lässt sich eine Ahnung des Märtyrertodes herauslesen, wenn er schreibt: „Heute ist die Zeit der Tat und der vollen heldenkräftigen Hingabe seiner selbst um des höchsten Gutes willen, …“.
Durch eine Täuschung von Agenten der GESTAPO wurde Pater Jakob Gapp am 9. Dezember 1942 von Spanien über die Grenze in das von Deutschen besetzte Frankreich gebracht, dort in Hendaye verhaftet und nach Berlin überführt. DDr. Karl Ludwig Neuhaus verhörte Gapp Ende Jänner 1943. Er war von dieser glaubensstarken Persönlichkeit beeindruckt. Pater Jakob Gapp wurde wegen des Verdachtes auf Landesverrat in Untersuchungshaft gestellt und am Herz-Jesu-Freitag, dem 2. Juli, zum Tode verurteilt und auf immer ehrlos erklärt.
Am 13. August 1943 wurde Pater Jakob Gapp um 13 Uhr die Vollstreckung des Todesurteils um 19 Uhr durch das Fallbeil mitgeteilt. Die wenigen Stunden bis zur Hinrichtung benutzte er, um sich von seinen Verwandten und den Mitbrüdern der Gesellschaft Mariä durch einen Brief zu verabschieden. Nur der erste wurde verschickt, der zweite, an die Ordensgemeinschaft gerichtete, wurde zu seinem Akt gelegt. Der Leichnam des Dieners Gottes wurde nicht bestattet, sondern zu Lehr- und Forschungszwecken dem anatomischen Institut Berlin überlassen. Außerdem wurde eine Veröffentlichung seiner Hinrichtung verboten, um eine Verehrung durch Gläubige zu verhindern. Der einzige Nachlass des Märtyrers ist sein Ordensring. Ihn überließ Frau Josefine Schreck, die Nichte Jakob Gapps, im Zuge der Seligsprechung, die wir am 24. November 1996 in Rom feiern durften, dem Orden der Marianisten. Jedes Jahr wird von der Pfarre Wattens am Jakobitag, dem 25. Juli, eine Wallfahrt zur Roanerkapelle am Umlberg abgehalten. Hier wird der Primizkelch aufbewahrt, mit dem Pater Jakob Gapp an diesem Ort seine letzte heilige Messe feierte. Außerdem ehren wir den Seligen an seinem Gedenktag, dem 13. August, mit einem Gottesdienst Seite 4 von 5 in der Wattener Laurentiuskirche. Mit Vertrauen auf seine Fürsprache können wir ihn mit dem folgenden Fürbittgebet anrufen: Seliger Pater Jakob Gapp, durch deinen Märtyrertod hast du die ewige Nähe Gottes erworben! Erbitte für uns vom Vater im Himmel die Hilfe für unsere Familien, besonders die Einsicht der Jugend, dass die Werte des Glaubens nicht von den Verlockungen des Lebens überwuchert werden dürfen! Jesus, dem du in deinem Tod nachgefolgt bist, schenke uns Glauben und Vertrauen! Die Muttergottes, der du dein Leben in besonderer Weise geweiht hast, sei uns mit dir eine starke Fürbitterin! Gib den Sterbenden deine Hilfe im Glauben an die Auferstehung! Amen.
* Basierend auf dem Buch: Österreichisch-deutsche Ordensprovinz der Marianisten (Hg.): Pater Jakob Gapp SM – Ein Märtyrer des Glaubens – Dokumentation. Redaktion „Kirche“, Wochenzeitung der Diözese Innsbruck, 1996.. Seite 5 von 5